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Gesundheitsdaten – Weitergabe an Sozialversicherungen und Staat: Ärztliche Verschwiegenheitspflicht 2.0

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Datenhungrige Pharmafirmen und Privatversicherer sind ein Problem. Doch das Hauptproblem sind wir Datenproduzenten und Datenlieferanten, die wir dem Kontrollsystem aus freien Stücken zuarbeiten.  Paragraph 54  „Verschwiegenheitspflicht“,  im Ärztegesetz  stellt fest:  „Der Arzt und seine Hilfspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in Ausübung ihres Berufes anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse verpflichtet“

 

„…der gläserne Mensch nur ist teilweise ein Produkt des Geheimdienstes. In der Tat: Stärker noch als durch Überwachung wird der Mensch transparent durch Ignoranz, Geiz und Bequemlichkeit“
(aus Neue Zürcher Zeitung , Feuilleton vom 20. September 2013:  „
Ignoranz, Bequemlichkeit und der gläserne Mensch“)

 

 

Wenn wir Kassen-Ärzte unsere Leistungen mit den Sozialversicherungen  abrechnen wollen müssen wir diesen entsprechende Diagnosen übermitteln, die die Notwendigkeit der Behandlung dokumentieren.    Im Ärztegesetz Paragraph 54  „Verschwiegenheitspflicht“  gibt uns Absatz 2 dazu die Berechtigung: Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht, …  wenn Mitteilungen oder Befunde des Arztes an die Sozialversicherungsträger und Krankenfürsorgeanstalten oder sonstigen Kostenträger in dem Umfang, als er für den Empfänger zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben eine wesentliche Voraussetzung bildet, erforderlich sind“.

 

Während in früheren Zeiten der Papierabrechnung mit Krankenscheinen vermutlich nur knappe und oft schlecht lesbare Informationen an die Kostenträger übermittelt wurden geschieht dies heute auf allzu einfache Art  automatisch mit Hilfe der Praxis-EDV, indem alle im System vorhandenen aktuellen und Dauerdiagnosen sowie gegebenenfalls „Prozeßdiagnosen“ bei jeder Abrechnung  an die Krankenkassen gesendet werden.  Damit entsteht in den elektronischen Archiven der Krankenkassen ein umfangreiches Diagnosen-Profil für jeden einzelnen Patient, das durch seine ebenfalls dort abgespeicherten  abrechneten Leistungen und von den Krankenkassen über die Apotheken verrechneten Medikamente in der Aussagekraft  noch wesentlich erweitert werden kann. Letzteres können wir natürlich nicht beeinflussen.

 

Wir können jedoch bei uns selbst wieder das  Bewußtsein für den hohen Wert der „Verschwiegenheit“ schärfen und deshalb unsere Arztsoftwarehersteller auffordern die Programme so zu modifizieren, daß  nicht mehr automatisch alle Diagnosen bei jeder elektronischen Abrechnung übermittelt werden, sondern nur mehr gezielt jene, die wir ausdrücklich als sogenannte „Abrechungsdiagnosen“ kennzeichnen, allerdings um den Preis, etwas Bequemlichkeit bei der Kassenabrechnung einzubüßen.  Diese „Abrechungsdiagnosen“ sollten auch nur die unbedingt erforderliche Mindestaussagekraft haben, die es uns ermöglicht Leistungen mit den Krankenkassen abzurechnen.  Überzogenen Ansprüchen von Kontrollärzten an Diagnose- und Dokumentationsdetails  ist selbstbewußt entgegen zu treten.

 

Ich habe diesbezüglich mit dem Chef meines Softwareherstellers (des größten in Österreich) Kontakt aufgenommen  und durchaus Verständnis und Interesse für diese Überlegungen gefunden. Seine Sorge ist jedoch der Mehraufwand und die bei eventuell fehlenden Abrechungsdiagnosen  entstehenden Abrechnungsprobleme für uns Ärzte. Aus meiner Sicht sollte dies jedoch lösbar sein.

 

Das Bewußtsein die Privatsphäre unserer Patienten vor der Daten-Begehrlichkeit diverser privater und staatlicher Institutionen und deren möglicher Fehlinterpretation mit Nachteilen für die zukünftige berufliche, finanzielle oder soziale Situation unserer Patienten zu schützen sollte uns einen geringen Mehraufwand wert sein.
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Written by Dr. Christian Husek

29. Mai 2014 um 14:34

Veröffentlicht in E-Health, Privacy

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