Speed is everything !
Verzeihen Sie mir den Anglizismus, aber dies ist der erste und meines Erachtens wichtigste von zehn Forderungspunkten betreffend Unterstützung unserer ärztlichen Arbeit mit elektronischen Hilfsmitteln aus einem Artikel von Bates et al.: „10 Commandments for effective clinical decision support“.
„Geschwindigkeit ist alles“: damit ist aber nicht die Geschwindigkeit der Einführung bzw. Umsetzung von ELGA gemeint (dies sollte eher in Ruhe und wohlüberlegt geschehen!), sondern jene der Anzeige bzw. Verarbeitung von Informationen durch die von uns Ärzten verwendeten EDV-Systeme. Untersuchungen zeigen, dass Geschwindigkeit der wichtigste Parameter für deren Nutzwert ist. In Zeiten, wo unsere Arztsoftware (und wahrscheinlich auch Spitalsinformationssysteme) durch ständige Erweiterung der Module komplexer und damit für uns Ärzte meist immer langsamer in der Bedienung werden, müssen wir den Proponenten und Herstellern klarmachen, wieviel unserer wertvollen ärztlichen Beratungs-, Behandlungs- und Zuwendungszeit sie damit unseren Patienten wegnehmen. Und ich möchte sogar noch weiter gehen: Insbesondere wenn die Software umständlich ist und die Hardware langsam arbeitet, lenkt uns die dann notwendige unnötig lange dauernde Aufmerksamkeit für Bildschirm, Tastatur und Maus während des Gesprächs mit dem Patienten zu sehr ab! So besteht die Gefahr wichtige Details aus der Kommunikation mit dem Patienten zu überhören , was eine wesentliche Quelle für Behandlungsfehler eröffnet.
So sind auch die von den ELGA-Proponenten immer wieder gepriesenen Zugriffsmöglichkeiten zu früheren Patientendaten für uns Ärzte wertlos und werden auch ungenutzt bleiben, wenn ihre Suche zuviel von unserer Zeit beansprucht. Hier zeigen Untersuchungen, dass Bildschirmaufbau- bzw. Bildschirmwechselzeiten von deutlich unter einer Sekunde das Ziel sein müssen, auch wenn dies ein schwierig zu erreichender Standard ist. Die Verantwortlichen für den gescheiterten E-Medikations-Pilotversuch (und die daran teilnehmenden Ärzte und Apotheker) wissen davon „ein Lied zu singen“. Ich hoffe, sie haben ihre Lektion gelernt!
In Zeiten steigenden Zeit- und Arbeitsdruckes sollten medizinische EDV-Anwendungen auch bereits unseren Informationsbedarf „vorhersehen“ können und uns diesen punktgenau zum richtigen Zeitpunkt anbieten. Nur wenn uns aus der Flut an Befunden, Laborwerten, etc. die jeweils passende kritische Information (z.B. der Hinweis auf niedriges Kalium bei Verschreibung eines Herzglycosids) sofort gut erkennbar am selben Bildschirm angezeigt wird, stellen sie eine wirkliche Hilfe für den Behandler dar. Diese Warnungen auch inhaltlich und optisch so zu gestalten, daß sie von uns als wichtiger Hinweis und nicht als Bevormundung durch die EDV empfunden werden (Entscheidungshoheit muß immer beim Arzt bleiben!), stellt eine weitere Herausforderung dar.
Generell müssen sich die EDV-Anwendungen nach unseren Arbeitsabläufen richten. Dieses Verständnis bei den Programmierern und Verantwortlichen zu erreichen, wird über Erfolg oder Scheitern kommender Anwendungen entscheiden. Kleinigkeiten können in der „Usability“, der Anwenderfreundlichkeit der Software, den entscheidenden Unterschied ausmachen. Deshalb müssen alle Funktionalitäten nach unseren Vorgaben als Anwender entwickelt und die Abläufe vor der Einführung von uns getestet und beurteilt werden, bevor sie großflächig eingesetzt werden können. Die tägliche Praxis zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Annahme einer elektronischen Anwendung durch uns Ärzte umgekehrt proportional zur Anzahl der zusätzlich notwendigen von uns auszuführenden Eingaben ist.
In diesem Sinne lassen Sie uns, bei aller gegebenen Kooperationsbereitschaft, aufmerksam und mit wohlüberlegten Argumenten kritisch gegenüber den geplanten ELGA-Projekten sein.
Darum bitte ich Sie!
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