Der „e- Patient“ und das „Arztsein“:
Mit zunehmender Verbreitung der IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) in unseren Ordinationen und im Krankenhausbetrieb, wurden wir von der Politik und den Sozialversicherungen mit einer Reihe von e-Anwendungen (e-Card, e-AuM, ABS, VU-neu, DMP`s, etc.) „beglückt, weitere sind geplant (e-Medikation, e-Rezept, e-Impfpass, etc.).
Führen diese letztlich zum „e-Patient“ und wie verträgt sich das mit dem „Arztsein“ ?
Wenn die physikalische Krankenuntersuchung immer mehr in den Hintergrund rückt, übersehen wir nicht nur einfache Diagnosen, sondern wir verlieren unter Umständen den ganzen Patienten.
Vergessen wir nicht was uns zu Ärzten macht: unser Wissen, unsere Erfahrung und die persönliche Zuwendung zum Hilfesuchenden, der sich in seiner Not uns völlig anvertraut. Dieses Vertrauen ist Basis für die Preisgabe von intimsten Lebensdetails, die dieser Mensch sonst vielleicht nicht einmal seinen Pfarrer mitteilen würde. Ein weiterer Teil dieser Zuwendung ist die sorgfältige physikalische Krankenuntersuchung, die vom Österreicher Leopold Auenbrugger mit der Perkussion und dem Franzosen Laennec mit der Auskultation Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt wurden.
Alle diese Handlungen zusammen bilden ein Ritual, das bis heute tief in der Persönlichkeit jedes Menschen als ärztliche Hilfeleistung eingeprägt ist und damit als notwendige und gewünschte Basis für die Heilung empfunden wird.
Immer öfter begegnen uns jedoch Patienten, die in verschiedensten Behandlungszentren waren, aber nie richtig untersucht wurden. Hunderte von Laborwerten wurden bestimmt, Dutzende Bilder mit Röntgen oder Ultraschall angefertigt. Fachärzte haben all diese Daten am Computer-Bildschirm ausgewertet und entsprechende Berichte geschrieben. Nur den Patienten selbst gesehen haben sie kaum! Der wurde reduziert auf das Symbol für den „e-Patienten“ im Computer, der dort am Bildschirm fürsorglich und ausdauernd lange behandelt wird. Beim realen Patienten bleibt ein Gefühl der Leere zurück, er fühlt sich unbehandelt und unverstanden, sucht nach anderen Heilern, die ihm Genesung versprechen.
Viele Ärzte haben auf die Macht der untersuchenden Hand und auf die Heilkraft der persönlichen Zuwendung und Berührung, die darin steckt, vergessen. Diese Berührung, die einem Kranken oder Sterbenden vermittelt was Arztsein ausmacht:
Das Wissen jemanden zu haben, der bis zu seinem Ende für ihn da sein wird.
Die Anregung zu diesem Artikel wurde der Präsentation https://www.ted.com/talks/abraham_verghese_a_doctor_s_touch entnommen
ELGA: Was wollen die Patienten?
Seit Beginn der Diskussion um ELGA im Jahre 2006 habe ich immer wieder meine Patienten darüber informiert und sie dann um ihre Meinung – Befürwortung oder Ablehnung – gefragt. Die Antworten deckten das gesamte Spektrum ab, von: „ dann brauche ich endlich meine Befunde nicht mehr mitzubringen“ bis „von mir kommt sicher kein einziges Dokument in ELGA“. Es fiel auf, dass je besser ihr Informationsstand war , desto vorsichtiger und kritischer waren ihre Standpunkte.
Gerne werden von der Politik und anderen Befürwortern von E-Health/ELGA Erwartungen aufgezählt, die jedem Bürger sofort als wünschenswert erscheinen: erhöhte Patientensicherheit (z.B. bei der Arzneimittelverordnung), Effizienz, Kostenersparnis, Selbstbestimmung der Patienten, Vermeidung von Doppelbefunden und viele andere mehr. Untermauert wird dies mit für den Laien plausiblen Maßnahmen wie z.B. der elektronischen Wechselwirkungsprüfung bei der Verschreibung von Medikamenten, die gefährliche Interaktionen erkennt und Arzt bzw. Apotheker warnt.
Eine solche Funktion erscheint – prima vista – sehr sinnvoll und es wundert daher kaum, daß in einer als Eigenauftrag deklarierten und wahrscheinlich nur völlig zufällig zum passenden Zeitpunkt intensiver politischer Diskussionen um E-ealth und Gesundheitsreform präsentierten Studie* 82% der UmfrageteilnehmerInnen es „für wichtig und notwendig hielten , bei jeder Medikamentenverschreibung wie auch bei frei in der Apotheke erworbenen Arzneiwaren zu prüfen, ob nicht vielleicht Unvereinbarkeiten auftreten könnten“.
Sehr viel mühsamer ist es da schon den Bürgern die tatsächliche medizinische Relevanz einer solchen rein elektronischen Wechselwirkungsprüfung zu erklären, die im Vergleich zu anderen, wichtigeren Ursachen (Dosierung, Einnahmemodus, Compliance der Patienten, individuelle Faktoren wie Begleiterkrankungen, eingeschränkte Stoffwechselfunktionen, Schwangerschaft) nur sehr gering ist und auch der Hinweis auf mögliche Interaktionen dann nur durch ärztliche und pharmazeutische Kompetenz für das weitere Vorgehen bewertet werden kann.
Ähnlich bei den „Doppelbefundungen“ („Drei Viertel der Befragten urteilen, dass Doppelbefunde keine Seltenheit seien“): wer außer dem Behandler hat die Kompetenz zwischen notwendigen Kontrollen und unnötiger Doppelbefundung zu unterscheiden?
Generell war in der Umfrage erkennbar daß der Wissensstand zu E-Health in der Bevölkerung gering ist (85 % waren überzeugt daß bereits heute Gesundheitsdaten auf der E-Card gespeichert sind, nur 15 % wußten, daß sich keine Gesundheitsdaten der Karteninhaber auf der e-card befinden bzw. dass die E-Card nur als Identifizierungs- und Berechtigungsschlüssel dient , der nur zusammen mit der Arzt-/Ordinationskarte den Einblick in medizinische Daten ermöglichen soll).
86% unterstützen jedoch die Forderung nach garantierter Selbstbestimmung ohne Zwang bei E-Health, 81% betonen, dass Ärzte der persönlichen Wahl durchaus Einblick in individuelle Gesundheitsdaten nehmen dürfen und auch sollen, 70% sagten aber, sie hätten keine oder nur wenig Angst, gläserner Patient zu sein.
Als Ärzte müssen wir die Wünsche unserer Patienten respektieren, sie aber trotzdem immer wieder detailliert über Chancen und Risiken aus unserer ärztlichen Sicht durch e-Health/ELGA sachlich informieren, um politischen Trivial- bzw. Surrogatargumenten paroli zu bieten und eine „gesunde“ Weiterentwicklung elektronischer Möglichkeiten zu fördern.
*: (Ökosult GmbH, „Repräsentativumfrage e-Health 2012“, www.oekonsult.eu/eHEALTH2012.pdf )
ELGA: Die „elektronische Gesundheitsakte“: Vernunft in die Diskussion bringen!
Seit Oktober 2006 bemühen wir, Dr. Susanna Michalek und Dr. Christian Husek, Allgemeinärzte im 23. Bezirk in Wien, uns als „Initiative ELGA“, ärztliche Standpunkte, insbesondere aus dem Blickwinkel der Allgemeinmedizin, in die Planung und Gestaltung der ELGA einzubringen. Wir wollen Ihnen, geschätzte Leser und Leserinnen des „DAM“, in einer Artikelserie Informationen zum Thema „ELGA“ geben und Sie um Ihre Stellungnahmen und Mitarbeit bitten.
Auslöser für unsere Aktivitäten war vor allem ein Interview in „Medical Tribune 43/2006“ mit dem damaligen Kabinettschef und jetzigem Sektionschef im Gesundheitsministerium Dr. Auer, dem ministeriellen „Mastermind“ hinter ELGA und anderen gesundheitspolitischen Maßnahmen.
Dr. Auer`s dort kolportierte Absichten wollten wir in dieser Form keinesfalls hinnehmen („Momentan sammeln sich die Auftraggeber, Länder, Bund und Sozialversicherung und finden heraus, wie ELGA umgesetzt werden soll. Dann werden die einzelnen Gesundheitsdiensteanbieter eingebunden. Der IT-Einsatz wird die Produktivität im Gesundheitssystem aber insgesamt enorm steigern. Es wird ein sehr natürliches Lenkungssystem sein, auch im Sinne der Patienten“). Wir begannen das Gespräch mit den Verantwortlichen und Technikern zu suchen, uns in die Diskussion einzubringen und waren überrascht von der freundlichen Aufnahme und Bereitschaft, insbesondere der Techniker, unsere Einwände und Vorschläge anzuhören und zu diskutieren. Viele versicherten uns im 4-Augengespräch, daß sie persönlich nichts vom damaligen Konzept der „ELGA“ (z. B. verpflichtende Teilnahme und Erfassung aller Gesundheitsdaten eines Patienten) hielten und keinen Hausarzt akzeptieren würden, der ihre Gesundheitsdaten so verwenden würde. Als Auftragnehmer des Ministeriums und der Sozialversicherungen müßten sie aber deren Aufträge umsetzen. Die inhaltliche Gestaltung liege vor allem auch an den Ärzten, von denen zu wenige sich mit dem Thema auseinandersetzten und zu wenig in die Gestaltung einbrächten. Wir wiederum kritisierten von Anfang an die fehlende Information, Transparenz und das fehlende Akzeptanzmanagement von Seiten der Verantwortlichen.
Heute , Jahre danach, hat sich Vieles, vielleicht auch durch unsere Informationen und Diskussionsbeiträge, am Konzept von ELGA geändert, leider insgesamt aber noch nicht so, daß wir als Ärzte vorbehaltlos (siehe „ELGA-Gesetz-Entwurf“) der weiteren Umsetzung von ELGA zustimmen könnten. Die Verantwortlichen in Ministerium und SV mußten, wie z.B. auch beim gescheiterten e-Medikations-Pilotprojekt, einsehen, daß es nicht möglich ist, Projekte ohne die Unterstützung der Betroffenen (Ärzte, Apotheker und Patienten), und schon gar nicht entgegen deren Wünsche umzusetzen. Andererseits müssen auch wir Ärzte akzeptieren, daß wir die Möglichkeiten moderner elektronischer Kommunikation nutzen sollten, wenn sie unsere tägliche Arbeit unterstützen (und nicht behindern!) und keine Gefährdung für den Schutz der besonders heiklen Gesundheitsdaten entsteht. Dazu ist es notwendig, daß wir als Ärzte unsere Vorstellungen, Wünsche und Forderungen formulieren und mit kräftiger Stimme Nachdruck verleihen, wo immer wir können und auch die Betroffenen, unsere Patienten, beim täglichen Kontakt entsprechend informieren.
In diesem Sinne bitten wir Sie um tatkräftige Mitarbeit !
„Zentrale PartnerVerwaltung“: Hauptverband und Krankenkassen wären bereits jetzt in der Lage unsere Administration wesentlich effektiver unterstützen!
Während sich die Gier der Kassen und des Hauptverbandes nach Daten und Informationen aus unseren Praxen laufend steigert, verweigern diese uns oft notwendige oder hilfreiche Informationen mit dem Hinweis auf den Datenschutz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle erinnern sich wahrscheinlich an viele Situationen aus Ihren Praxen, wo trotz aller Ihrer Bemühungen und oft mühsamer Diskussionen nicht klärbar war, bei welchem Vertretungsarzt ein Patient oder dessen Angehöriger „irrtümlich“ mit der E-Card den „Regelfall gesteckt“ hat oder warum ein Patient plötzlich „keinen Versicherungsanspruch“ mehr hat. Wie wir mittlerweile alle wissen sind dann Anrufe bei der E-Card – Hotline ohnehin sinnlos und die entsprechenden Krankenkassen verweigern jede Auskunft mit Hinweis auf den Datenschutz. Warum AMS-Abmeldungen offenbar sofort vom E-Cardsystem erfaßt werden, die Erfassung der Anmeldungen durch das E-Card-System dagegen aber oft einige Tage bis Wochen dauern, bleibt ohnehin ein Rätsel.
Auch Adresse und Dienstgeber in unserer Administration aktuell zu halten (wer wie ich Substitutionspatienten betreut, kennt die Schwierigkeiten und die dahinter stehende rechtliche Problematik!) oder auf die neue Handynummer oder E-Mailadresse eines Patienten aufmerksam zu werden, erfordert ständiges Nachfragen bei jedem Besuch eines Patienten oder zumindest ein gewisses Gespür für dessen richtigen Zeitpunkt bei unseren Praxismitarbeiterinnen und damit nicht unerheblichen Zeit- und Arbeitsaufwand.
Dabei stehen alle diese Daten und noch viele mehr (z.B. Zusatzadressen, gesetzliche Vertreter und Bevollmächtigte, familiäre Beziehungen) den Mitarbeitern verschiedenster Abteilungen des Hauptverbandes und der Krankenkassen sehr wohl auf Knopfdruck zur Verfügung: das Zauberwort dafür heißt: „Zentrale PartnerVerwaltung“ („ZPV“). Auch Zugriffe von extern durch Mitarbeiter der Exekutive, des AMS, von Gerichten von Krankenanstalten auf dieses System sind vorgesehen.
Auf Nachfrage bei diversen Verantwortlichen warum diese Informationen uns Ärzten (natürlich nur bei Bedarf und mit Einverständnis des Patienten) nicht zugänglich gemacht werden bekam ich immer wieder nur das Argument des Datenschutzes erwidert. Ich frage mich da schon, wer wohl mehr Vertrauen des Bürgers/Patienten und damit auch Berechtigung so ein System zu benützen, genießt: der anonyme Verwaltungsbeamte bei der Sozialversicherung für ich weiß nicht welchen Zweck, ohne Wissen des Betroffenen, oder sein oft langjährig bekannter Vertrauensarzt im Anlaßfall.
Als quasi Nebeneffekt ließe sich sehr einfach eine Art „ELGA light“ technisch unterstützen, wo relevante Befunde automatisch den entsprechenden Zuweisern oder eben auch dem Hausarzt mittels der seit Jahren bewährten Befundübertragungssysteme (DaME, MedicalNet) zugestellt werden könnten.
Die geschilderte Problematik betrifft zwar die Funktionalität des E-Card-Systems und nicht unmittelbar die von ELGA, die Betreiber sind aber die selben! Die Art und Weise wie hier mit uns Ärzten umgegangen und argumentiert wird sind wohl kein Anlaß für einen hoffnungsvollen Blick in eine ELGA-Zukunft …
ELGA: Was bedeutet der gläserne Patient für die tägliche Praxis?
Erleichtert die elektronische Verfügbarkeit von Patientendaten mittels „ELGA“ unsere ärztliche Arbeit oder bedeutet sie für uns Ärzte mehr Arbeitsaufwand, Kosten und Haftungsrisiko?
Für die erste Ausbaustufe der „ELGA“ ist die Verfügbarkeit von 4 verschiedenen Dokumentenklassen vorgesehen, die vom Patienten selbst über das Patientenportal oder von einem berechtigten „Gesundheitsdiensteanbieter“ („GDA“), dazu zählen wir Ärzte und andere medizinische Berufsgruppen, abgerufen werden können: Diese sind : Spitalsentlassungsbriefe, Laborbefunde, Radiologiebefunde und Medikationsdaten(verordnete bzw. abgegebene Medikamente). Eine Reihe weiterer Dokumente bzw. Informationen sind in Planung, wie „Patientsummary“, fachärztliche Befunde, Impfpaß, MK-Paß, Patientinnenverfügungen, Vorsorgevollmachten und andere.
Diskussionsthemen rund um ELGA sind neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen, Kosten, Arbeitsaufwand und Usability vor allem auch die „Privacy“, der Schutz der Privatsphäre und sensibler Informationen des Patienten. Aus dessen Sicht und entsprechend den Arbeitsabläufen in Praxen, Ambulanzen und Spitälern können fünf verschiedene Vertraulichkeitsstufen der Daten eines Patienten unterschieden werden:
1) administrative Daten: Name, Vorname, Geschlecht, Versicherungsnummer, Krankenkasse können mittels E-Card-System abgerufen werden. Für uns oft wichtige weitere Daten wie
Adresse, Dienstgeber, Telephonnummer, E-Mailadresse, etc. verweigert uns aber die Politik und die Sozialversicherung mit dem Argument des Datenschutzes obwohl vermutlich nur wenige Menschen Vorbehalte gegen die elektronische Verfügbarkeit dieser Daten für berechtigte „Gesundheitsdiensteanbieter“ haben und die gesetzlichen Voraussetzungen durch ASVG §31a und das „ELGA-Gesetz“ zu regeln wären. Hauptverband bzw. Krankenkassen wären bereits seit einigen Jahren technisch in der Lage uns diese Informationen mittels E-Card System jeweils aktualisiert („zentrale Partnerverwaltung“) zu übermitteln.
2) nützliche Daten: Daten, die der Patient selbst allen Behandelnden zugänglich machen möchte, z.B. Allergien, wesentliche Krankheiten in der Anamnese, Patientenverfügungen, Kontaktpersonen: erst wenn ein solches gut konzipiertes und vom Patienten mitgestaltetes bzw. autorisiertes „Patientsummary“ zur Verfügung steht, wird für uns Behandelnde ein Informations- und Zeitgewinn entstehen. Die Konzeption des „Patientsummary“ erweist sich aber(nicht nur bei uns) schwieriger als erwartet, da die Anforderungen und Wünsche diverser Behandler äußerst unterschiedlich sind und ein tragfähiger Kompromiss zwischen einfacher Übersicht und Vollständigkeit gefunden werden muss, was insbesondere dort, wo wir es am meisten benötigen, nämlich bei komplexen Krankengeschichten schwierig ist. Die von den Technikern angedachte ausschließlich automatisierte Erstellung des Patientsummary erscheint eine Illusion, ohne individuelle ärztlich- fachliche Unterstützung bei der Erstellung und laufenden Aktualisierung ist mit einer Datenflut bei gleichzeitigem Informationsmangel zu rechnen.
3) medizinische Daten: Informationen über bisherige Behandlungen , z.B. Entlassungsberichte, Befunde, Medikation: es ist der derzeitige Plan von ELGA allen berechtigten Behandlern diese Informationen Zeit und ortsunabhängig zugänglich zu machen. Allerdings wird ELGA genauso wie die seit Jahrzehnten bewährte gerichtete Kommunikation (DaMe, MedicalNet) nur so nützlich sein wie auch tatsächlich freigegebene („validierte“) Befunde bedarfsaktuell vorhanden sind. Tage- bis wochenlange Verzögerungen der Validierung reduzieren den Informationswert für den Weiterbehandler auf Null und stellen mehr ein „kulturell – menschliches“ („human factor“) als ein technisches Problem dar, das aber in vielen Bereichen dringend zu lösen ist.
4) stigmatisierende Daten: Medizinische Informationen, die dem Patienten nach seiner Einschätzung im privaten oder beruflichen Leben schaden könnten (z.B. heikle Diagnosen):
nach dem geltenden ELGA Gesetz sind bestimmte medizinische Berufsgruppen (Amtsärzte, Schulärzte, Betriebsärzte und andere) vom Zugang zu ELGA ausgeschlossen, um Nachteile für den Patienten in beruflichen oder anderen Bereichen zu vermeiden. Es bleibt aber abzuwarten, wie weit und in welcher Form Versicherungen und andere Druck auf die Patienten ausüben werden um trotzdem, wie schon bisher, mittels Zustimmungserklärungen und anderen Maßnahmen an gewünschte Daten heranzukommen.
5) geheime Daten: Informationen, die der Patient den Behandelnden generell nicht zugänglich machen will: wie schon bisher hat der Patient in ELGA das Recht dem Behandler Informationen zu verweigern. Gesetzlich vorgesehen ist dies speziell für HIV-Erkankung, Schwangerschaftsabbrüche und psychische Erkrankungen. ELGA bleibt somit aus der Sicht des Behandlers immer unvollständig bzw. lückenhaft.
Es bleibt somit insgesamt fraglich ob der von den Proponenten behauptete große Informations- und Sicherheitsgewinn wirklich erreicht werden kann und in einer vernünftigen Relation zu Aufwand und Kosten steht. Insbesondere die Kosten liegen, entsprechend internationalen gleichlautenden Untersuchungen auf Seiten der „Gesundheitsdiensteanbieter“ , während der Nutzen (Kostenersparnis durch Behandlungsverbesserung, Fehlervermeidung) dem System zufällt. Hier muß ein fairer Ausgleich gefunden werden.
5 verschiedene Vertraulichkeitsstufen medizinischer Daten: ein solider schweizerischer Ansatz zur Wahrung der „Privacy“
Zum Schutz der „Privacy“, der Privatsphäre und sensibler Informationen des Patienten werden im schweizerischen E-Health Konzept fünf verschiedene Vertraulichkeitsstufen unterschieden, die separat vom Patienten freigegeben werden können. Eine Bewertung der Situation in Österreich unter diesen Blickpunkten:
1) administrative Daten: in Österreich können Name, Vorname, Geschlecht, Versicherungsnummer, Krankenkasse und aktueller Versicherungsanspruch können mittels E-Card-System abgerufen werden. Wichtige weitere Daten wie Adresse, Dienstgeber, Telephonnummer, E-Mailadresse, etc. verweigert uns aber die Politik und die Sozialversicherung mit dem Argument des Datenschutzes, obwohl vermutlich nur wenige Bürger Vorbehalte gegen die elektronische Verfügbarkeit dieser Daten für berechtigte „Gesundheitsdiensteanbieter“ haben und die gesetzlichen Voraussetzungen durch ASVG §31a und das „ELGA-Gesetz“ zu regeln wären. Hauptverband bzw. Krankenkassen sind bereits seit einigen Jahren technisch in der Lage uns diese Informationen mittels E-Card System jeweils aktualisiert („zentrale Partnerverwaltung“) zu übermitteln. Hier ist beträchtliches Verbesserungspotential auf Seiten der Sozialversicherung gegeben.
2) nützliche Daten: Informationen, die der Patient selbst allen Behandelnden zugänglich machen möchte, z.B. Allergien, wesentliche Krankheiten in der Anamnese, Patientenverfügungen, Kontaktpersonen: erst wenn ein solches gut konzipiertes und vom Patienten mitgestaltetes bzw. autorisiertes sogenanntes „Patientsummary“ zur Verfügung steht, wird für uns Behandelnde ein Informations- und Zeitgewinn durch ELGA entstehen. Die Konzeption des „Patientsummary“ erweist sich aber(nicht nur bei uns) schwieriger als erwartet, da die Anforderungen und Wünsche verschiedener Behandler äußerst unterschiedlich sind und ein tragfähiger Kompromiss zwischen einfacher Übersicht und Vollständigkeit gefunden werden muss, was insbesondere dort, wo wir es am meisten benötigen, nämlich bei komplexen Krankengeschichten schwierig ist. Die von den Technikern angedachte ausschließlich automatisierte Erstellung des Patientsummary bleibt eine Illusion, ohne individuelle ärztlich- fachliche Unterstützung bei der Erstellung und laufenden Aktualisierung ist mit einer unüberschaubaren Datenflut bei gleichzeitigem Informationsmangel zu rechnen. Von einer praktischen Umsetzung in ELGA sind wir noch viele Jahre entfernt.
3) medizinische Daten: ELGA sieht vor Entlassungsberichte, Labor- und Röntgen-Befunde und Medikationsdaten allen berechtigten Behandlern zeit- und ortsunabhängig zugänglich zu machen. Allerdings wird ELGA genauso wie die seit Jahrzehnten bewährte gerichtete Kommunikation (DaMe, MedicalNet) nur so nützlich sein wie auch tatsächlich freigegebene („validierte“) Dokumente bedarfsaktuell vorhanden sind. Derzeit durchaus übliche t age- bis wochenlange Verzögerungen der Validierung in den verschiedensten Einrichtungen reduzieren den Informationswert für den Weiterbehandler auf Nahe-Null und stellen mehr ein „kulturell – menschliches“ („human factor“) als ein technisches Problem dar, das in vielen Bereichen dringend zu lösen ist.
4) stigmatisierende Daten: Medizinische Informationen, die dem Patienten nach seiner Einschätzung im privaten oder beruflichen Leben schaden könnten (z.B. heikle Diagnosen):
nach dem ELGA Gesetz sind bestimmte medizinische Berufsgruppen (Amtsärzte, Schulärzte, Betriebsärzte und andere) vom Zugang zu ELGA ausgeschlossen, um Nachteile für den Patienten in beruflichen oder anderen Bereichen zu vermeiden. Es bleibt aber abzuwarten, wie weit und in welcher Form Versicherungen und andere Organisationen Druck auf die Patienten ausüben werden um trotzdem, wie schon bisher, mittels Zustimmungserklärungen und anderer „Tricks“ an gewünschte Daten heranzukommen.
5) geheime Daten: Informationen, die der Patient den Behandelnden generell nicht zugänglich machen möchte: wie schon bisher hat der Patient auch in ELGA das Recht dem Behandler Informationen zu verweigern. Gesetzlich vorgesehen ist dies speziell für HIV-Erkankung, Schwangerschaftsabbrüche und psychische Erkrankungen. ELGA bleibt somit aus der Sicht des Behandlers in jedem Fall unvollständig bzw. lückenhaft.
Für ELGA in Österreich ist eine so differenzierte Freigabe verschiedener Vertraulichkeitsstufen durch den Bürger/Patienten wie in der schweizerischen E-Health-Strategie nicht geplant, wäre aber wünschenswert.
Nebensächlichkeiten werden zur Kernkompetenz, Kernkompetenz wird zur Nebensächlichkeit
Mit diesen Worten charakterisierte ein mir bekannter Techniker sein Verhältnis zwischen seinem erlernten Beruf und seiner heute zusätzlich notwendigen EDV-Dokumentation und -Administration. Auch in der hausärztlichen Tätigkeit verschiebt sich dieses Verhältnis immer mehr zuungunsten unserer Arbeit mit und für den Patienten.
Kaum eine berufliche Tätigkeit ist heute noch ohne den begleitenden Einsatz der EDV denkbar. Unter dem Ziel der verbesserten Prozeßqualität geschieht dies auch in unseren Praxen. Wer von uns könnte sich noch vorstellen (außer in Einzelfällen bei Hausbesuchen, etc.) Rezepte und Zuweisungen in mehr oder weniger leserlicher Schrift handschriftlich auszustellen? Allerdings lenkt uns die notwendige ständig steigende Hinwendung zur EDV während des Gesprächs mit dem Patienten zunehmend von dessen eigentlichen Problemen ab. Gefördert auch vom Administrations- und Rechtfertigungsaufwand für die Krankenkassen (ABS-Bewilligungen, etc.), gilt unser Blick und unsere Aufmerksamkeit mehr dem Bildschirm als dem Menschen, der vor uns sitzt. Patienten beklagen dies auch zunehmend mit Recht, mit ein Faktor dafür, daß andere Heilberufe, die Ihre Zuwendung und Zeit ganz dem Hilfesuchenden widmen, boomen. Wir müssen aufpassen und verhindern, daß wir uns als Ärzte immer mehr zu akademisch graduierten medizinischen EDV-Administratoren entwickeln.
Ein Dilemma, das sich mit ELGA durch die Menge an zugänglichen Dokumenten und den Zeitaufwand diese auf für uns notwendige Informationen zu prüfen, wieder um einen „Quantensprung“ verschlimmern könnte. ELGA sollte daher nicht als „Informations-Hängematte“ für Patienten dienen, die den Aufwand und die Verantwortung für die Informationsbeschaffung komplett auf den Arzt abschieben wollen. Selbstbestimmung des Patienten („Patient-Empowerment“) wird sich auch in Zeiten von ELGA an dessen Mitarbeit bei der gezielten Anamnese und sonstiger Informationsbeschaffung messen.
Politik und Verantwortliche arbeiten derzeit im Rahmen des kürzlich beschlossenen ELGA-Gesetzes an deren Umsetzung. ELGA kann uns in vielen Situationen aber nur dann wirklich mit Information unterstützen, wenn wir selbst unsere Wünsche und Anforderungen in die Gestaltung einbringen. Nehmen Sie sich bitte die Zeit, sich selbst laufend über Entwicklungsstand und –absichten zu informieren und Ihre Einwände und Forderungen bei den Verantwortlichen (Politik, Sozialversicherung, Arztsoftwareentwickler, etc.) einzubringen. Nutzen Sie dazu Veranstaltungen zu diesem Thema (Conect Informunity „E-Health“ , Business Circle „ELGA Dialog-Forum“, ADV ) oder initiieren Sie selbst z.B. Bezirksärztetreffen oder Kundentreffen Ihrer Arztsoftwarehersteller. Überlassen Sie dies nicht alleine den Vertretern unserer Ärzte-Kammern und sonstiger Interessensvertretungen, denn nur mit deren aktiver Unterstützung durch die ärztliche Basis sind diese in der Lage politisches Gewicht zu erreichen.
Nur von uns selbst an der Basis gestaltete praxistaugliche „Usability“ wird der EDV jenen Platz und Umfang in unserer ärztlichen Tätigkeit zuweisen, der ihr zusteht und uns langfristig den Schwerpunkt auf der Beschäftigung mit unserer Kernkompetenz, der Medizin, erhalten.
Speed is everything !
Verzeihen Sie mir den Anglizismus, aber dies ist der erste und meines Erachtens wichtigste von zehn Forderungspunkten betreffend Unterstützung unserer ärztlichen Arbeit mit elektronischen Hilfsmitteln aus einem Artikel von Bates et al.: „10 Commandments for effective clinical decision support“.
„Geschwindigkeit ist alles“: damit ist aber nicht die Geschwindigkeit der Einführung bzw. Umsetzung von ELGA gemeint (dies sollte eher in Ruhe und wohlüberlegt geschehen!), sondern jene der Anzeige bzw. Verarbeitung von Informationen durch die von uns Ärzten verwendeten EDV-Systeme. Untersuchungen zeigen, dass Geschwindigkeit der wichtigste Parameter für deren Nutzwert ist. In Zeiten, wo unsere Arztsoftware (und wahrscheinlich auch Spitalsinformationssysteme) durch ständige Erweiterung der Module komplexer und damit für uns Ärzte meist immer langsamer in der Bedienung werden, müssen wir den Proponenten und Herstellern klarmachen, wieviel unserer wertvollen ärztlichen Beratungs-, Behandlungs- und Zuwendungszeit sie damit unseren Patienten wegnehmen. Und ich möchte sogar noch weiter gehen: Insbesondere wenn die Software umständlich ist und die Hardware langsam arbeitet, lenkt uns die dann notwendige unnötig lange dauernde Aufmerksamkeit für Bildschirm, Tastatur und Maus während des Gesprächs mit dem Patienten zu sehr ab! So besteht die Gefahr wichtige Details aus der Kommunikation mit dem Patienten zu überhören , was eine wesentliche Quelle für Behandlungsfehler eröffnet.
So sind auch die von den ELGA-Proponenten immer wieder gepriesenen Zugriffsmöglichkeiten zu früheren Patientendaten für uns Ärzte wertlos und werden auch ungenutzt bleiben, wenn ihre Suche zuviel von unserer Zeit beansprucht. Hier zeigen Untersuchungen, dass Bildschirmaufbau- bzw. Bildschirmwechselzeiten von deutlich unter einer Sekunde das Ziel sein müssen, auch wenn dies ein schwierig zu erreichender Standard ist. Die Verantwortlichen für den gescheiterten E-Medikations-Pilotversuch (und die daran teilnehmenden Ärzte und Apotheker) wissen davon „ein Lied zu singen“. Ich hoffe, sie haben ihre Lektion gelernt!
In Zeiten steigenden Zeit- und Arbeitsdruckes sollten medizinische EDV-Anwendungen auch bereits unseren Informationsbedarf „vorhersehen“ können und uns diesen punktgenau zum richtigen Zeitpunkt anbieten. Nur wenn uns aus der Flut an Befunden, Laborwerten, etc. die jeweils passende kritische Information (z.B. der Hinweis auf niedriges Kalium bei Verschreibung eines Herzglycosids) sofort gut erkennbar am selben Bildschirm angezeigt wird, stellen sie eine wirkliche Hilfe für den Behandler dar. Diese Warnungen auch inhaltlich und optisch so zu gestalten, daß sie von uns als wichtiger Hinweis und nicht als Bevormundung durch die EDV empfunden werden (Entscheidungshoheit muß immer beim Arzt bleiben!), stellt eine weitere Herausforderung dar.
Generell müssen sich die EDV-Anwendungen nach unseren Arbeitsabläufen richten. Dieses Verständnis bei den Programmierern und Verantwortlichen zu erreichen, wird über Erfolg oder Scheitern kommender Anwendungen entscheiden. Kleinigkeiten können in der „Usability“, der Anwenderfreundlichkeit der Software, den entscheidenden Unterschied ausmachen. Deshalb müssen alle Funktionalitäten nach unseren Vorgaben als Anwender entwickelt und die Abläufe vor der Einführung von uns getestet und beurteilt werden, bevor sie großflächig eingesetzt werden können. Die tägliche Praxis zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Annahme einer elektronischen Anwendung durch uns Ärzte umgekehrt proportional zur Anzahl der zusätzlich notwendigen von uns auszuführenden Eingaben ist.
In diesem Sinne lassen Sie uns, bei aller gegebenen Kooperationsbereitschaft, aufmerksam und mit wohlüberlegten Argumenten kritisch gegenüber den geplanten ELGA-Projekten sein.
Darum bitte ich Sie!
e-AuM- Update: ein weiteres Beispiel für Informationsaustausch als Einbahn von den Behandlern zur Sozialversicherung?
Fairer Informationsaustausch und Kommunikation auf Augenhöhe zwischen behandelnden Ärzten und Sozialversicherung ist die Grundlage für die Optimierung administrativer Prozesse im Gesundheitssystem. Wie bei der E-Card, bei der uns hilfreiche zusätzliche Daten wie Adresse, Dienstgeber, Notfallkontakte und andere Informationen weiterhin nicht vom System jeweils aktualisiert verfügbar gemacht werden, läßt uns auch der neu gestaltete Rückkanal der e-AuM informativ „im Regen stehen“: Die Diagnose und der Ersteller einer auswärts erfolgten Krankmeldung bleiben für uns mit dem Hinweis auf „Datenschutzgründe“ im Dunkeln.
Wie würden wohl die Krankenkassen reagieren wenn wir Ärzte ebenso als Diagnose nur einfach „***nicht verfügbar***“ hinschreiben und die Meldung anonym als „Arzt“ schicken würden?
Etwa 80 % der Ärzte verwenden bereits die „elektronische Krankmeldung“ („e-AuM“), ab 2015 ist sie eine Pflichtanwendung. Grundsätzlich sehe ich diese als eines der wenigen derzeitigen „win-win-win-Modelle“ im e-Health-Bereich an, die zu relativ geringen Kosten sowohl der Sozialversicherung, uns Ärzten, den Dienstgebern und auch den Patienten Vorteile bringt.
Mit dem Gina Release R12b wurde im November 2012 von Seiten der SV die Grundlage für eine Verbesserung des Services geschaffen durch einen „Rückkanal“, der nach noch offenen Krankmeldungen durch andere Ärzte sucht, z.B. wenn der Patient bei einem Vertretungsarzt war oder die Beendigungen eines Krankenstandes durch die SV, den Patienten selbst oder durch seinen Dienstgeber erfolgt ist. Diese Information wird dann in unsere Arztsoftware einspielt, womit Doppelmeldungen und damit Mehraufwand vermieden werden können.
Natürlich können wir ohnehin am vom Patienten mitgebrachten Papierausdruck der Krankmeldung sehen, welcher Kollege diese ausgestellt hat, es bleibt uns aber dann nicht erspart den Patienten selbst nach der Erkrankung zu befragen, was wiederum unnötigen Mehraufwand und oft auch diagnostische Unsicherheit für uns bedeutet. Die Kassen selbst aber benützen sogar das E-Card-System um nachzuprüfen ob Krankenstandskontrollen bei uns erfolgt sind, während uns dagegen leider keine Möglichkeit zur Verfügung steht, geplante oder bereits erfolgte Vorladungen des Patienten bei der KK im „e-AuM“-System zu sehen oder bei Problemfällen mit dem Kontrollarzt über das Medium „e-AuM“ sinnvoll zu kommunizieren. Hier sind wir weiter auf die mündliche Information durch den Patienten oder auf oft mit Handeinträgen vollgeschriebene, unleserliche Zettel des Kontrollarztes, meist ohne direkte Rückrufnummer, Fax oder e-Mail, angewiesen.
Interessant ist für mich auch daß in der kurzen Zeit meiner Verwendung des Rückkanals bereits eine ganze Reihe alter, nicht abgeschlossener Krankenstände in mein System übertragen worden sind, was auch auf einige organisatorische Defizite im Verwaltungssystem der Krankenkassen hinweist.
Für mich ist dieser sehr einseitige Informationsanspruch Ausdruck einer ungesunden Geisteshaltung bei den Verantwortlichen in der SV und Gesundheitspolitik, die bei uns Ärzten alle Daten über Patienten und Vertragspartner abrufen wollen, selbst aber nicht zu entsprechender Transparenz und Kommunikation mit dem Vertragspartner bereit sind. Eine Einstellung, die es dringend zu ändern erfordert!
Wie viel kostet uns ELGA ?:
„Weil die meisten „eHealth”-Anwendungen durchgehende Prozesse im Gesamtsystem zum Ziel haben, fallen die Kosten häufig nicht dort an, wo der Nutzen entsteht. Ein System, das volkswirtschaftlich Sinn macht, kann betriebswirtschaftlich für einzelne Beteiligte nachteilig sein. Langfristig hat „eHealth” deshalb nur dann eine Chance, wenn ein Ungleichgewicht zwischen zahlenden und nutzniessenden Personen verhindert werden kann“ (zitiert aus Strategie „e-Health“ Schweiz 2007)
Was die Schweizer rasch erkannt und sofort in ihre Planung einbezogen haben, wurde bei uns jahrelang negiert. So wurde von Beginn an, wenn in der öffentlichen Debatte von Kosten für ELGA gesprochen wurde, immer nur der Aufwand für den Staat und die Sozialversicherungen für die „Errichtung“ von ELGA thematisiert und den wohlwollend und großzügig geschätzen Einsparungen bzw. „Kostendämpfungen“ durch „vermiedene Doppelbefunde, Krankenhausaufnahmen, verhinderte Medikamentenwechselwirkungen“, etc. gegenübergestellt:
„Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich darauf verständigt, die für ELGA notwendige technische Infrastruktur gemeinschaftlich zu finanzieren. Bis zum Jahr 2013 wurde dafür ein Finanzrahmen von 30 Millionen Euro beschlossen, weiter 30 Millionen Euro sollen für die Finanzierung gemeinschaftlicher Vorhaben in den Jahren 2014 bis 2016 bereitgestellt werden. In diesem Betrag enthalten sind auch die Kosten der ELGA GmbH, deren Auftrag die Koordination aller Umsetzungsmaßnahmen ist. In diesem Betrag nicht enthalten sind die Kosten der einzelnen GDA für die Vorbereitung ihrer IKT-Systeme zur Nutzung von ELGA. Diesbezüglich ist eine Anschubfinanzierung zur Abfederung der Investitionskosten angedacht“ (aktuell aus www.gesundheit.gv.at )
Die Gesamtkosten sollen laut Gesundheitsministerium (BMG) bis 2017 dann 135 Millionen Euro(59,7 Mio Euro für die Infrastruktur plus 75,7 Mio Euro Kosten für die GDA`s) betragen. Ab 2018 ist mit laufenden Kosten von rund 18 Millionen und ab 2017 mit einer Kostendämpfung von 129 Millionen Euro pro Jahr zu rechnen. (Studie von Debold und Lux, 2008)
Stillschweigend wurde davon ausgegangen daß wir Ärzte („GDA`s“ – „Gesundheitsdiensteanbieter“) wie bei allen bisherigen EDV-Projekten (z.B. E-Card-System mit Folgeanwendungen) unseren Aufwand selbst tragen, die Einsparungen/Kostendämpfungen aber dem System zu Gute kommen. Auch internationale Kosten-Nutzen-Analysen haben gezeigt daß in der 5- und 10-Jahres – Periode der Nutzen (Einsparungen) immer auf Seiten der Verwaltung/des Staates liegt, die zusätzlichen Kosten jedoch bei den GDA`s. Erst hartnäckige Informationsarbeit durch die ärztlichen Interessensvertretungen konnte in den letzten Jahren erreichen, daß jetzt zumindest schon eine „Anschubfinanzierung zur Abfederung der Investitionskosten angedacht“ wird. (siehe oben).
Mit einer Anschubfinanzierung zur Abfederung der Investitionskosten alleine werden wir uns aber nicht zufriedengeben können! Es müssen auch die laufenden Betriebskosten, die sich für uns aus dem technischen Aufwand (Wartung) und unserem Zeitaufwand für die Arbeit mit ELGA ergeben, abgegolten werden. Aus meiner Sicht ist es besonders der durch “Information-Overload“ erhöhter Zeitaufwand (für die Sichtung und Bearbeitung von Dokumenten und die sich daraus ergebende Beratung des Patienten), der sich in zusätzlichem Arbeitsaufwand = Zeit für uns Ärzte niederschlagen wird!
Wie überall, gilt insbesondere auch im Umgang mit der EDV: „Zeit ist Geld“. Zeit ist unser wertvollstes Gut. Dieses muß auch durch entsprechend anwenderfreundlich gestaltete EDV-Programme („Usability“) geschützt werden. Wir müssen in dieser Richtung dieselben Qualitätsansprüche, die an unsere Arbeit gestellt werden, auch an unsere Software-Entwickler /Lieferanten und an die Politik („ELGA-Errichtung“) stellen. Trotzdem sich erhöhender Zeitaufwand durch ärztliche ELGA-Dienstleistungen für Patienten muß außerdem mit fairen Honoraren abgegolten werden.